Die psychiatrische Begutachtung in der Berufsunfähigkeitsversicherung ist ein komplexer Prozess, erklärt die Psychologin M. Sc. Louisa Riss von der Viridium Customer Service GmbH in der Fachzeitschrift „DNP – Die Neurologie & Psychiatrie“, Heft 1/2024.
Dieser Prozess operiert in einem sich ständig verändernden Umfeld und erfordert eine ausgewogene Beurteilung der psychischen Gesundheit, der beruflichen Leistungsfähigkeit und der sozialen Umstände der versicherten Person. Testpsychologische Zusatzbegutachtungen, Plausibilitäts- und Konsistenzprüfungen sowie die Berücksichtigung beruflicher Leistungsanforderungen sind dabei wesentliche Elemente. Dabei birgt die Zusammenarbeit zwischen Versicherern und medizinischen Sachverständigen Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich Kommunikation, Interessenkonflikten und unterschiedlichen Einschätzungen.
Essenziell ist, dass der Gutachter die vom Versicherer vorgegebenen beruflichen Anforderungen und Arbeitsbedingungen der versicherten Person in die Beurteilung einbezieht. Dies ist entscheidend, um den Einfluss der psychischen Erkrankung auf die Ausübung des spezifischen Berufs zu bestimmen, so Riss.
Im Rahmen der testpsychologischen Begutachtung kommen standardisierte psychologische Tests zum Einsatz, um die kognitive, emotionale und psychosoziale Befindlichkeit der versicherten Person zu bewerten. Diese Methoden erlauben eine systematische Erfassung von Symptomen und bieten einen Vergleich mit normativen Daten.
Eine Plausibilitätsprüfung umfasst dabei mehrere Aspekte:
- Die Überprüfung der Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse aus Beschwerdenvalidierungstests und Kontrollskalen,
- die Bewertung von Leistungsparametern,
- die psychometrische Diagnostik,
- die Anamnese, die Überprüfung der Aktenlage und den medizinischen Untersuchungsbefund,
- das von der erkrankten Person beklagte Störungsbild,
- die Verhaltensbeobachtung sowie
- den psychopathologischen Befund.