Aus gutachtlicher Sicht kann eine standardisierte Feststellung des Invaliditätsgrades in der privaten Unfallversicherung (PUV) allein anhand der ICD-10-Codes, etwa mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI), nur in ausgewählten Fällen überhaupt sinnhaft sein, erklären Dr. Jörg Schmidt vom Institut für Rehabilitations- und Unfallmedizin an der Medizinischen Hochschule Brandenburg und Prof. Dr. Peter Wolfgang Gaidzik vom Institut für Medizinrecht an der Universität Witten/Herdecke in der Zeitschrift „Der Medizinische Sachverständige“ (Ausgabe Januar/Februar 2024).

In der überwiegenden Mehrzahl der entschädigungspflichtigen Verletzungen sei allerdings – schon aufgrund der Unschärfe in der Beschreibung der Verletzung und der Berücksichtigung der Kontextfaktoren durch die ICD-10 – eine individuelle Feststellung der Invalidität erforderlich.

Es bleibe das ernüchternde Fazit, so die Autoren, dass man weder auf der Textebene der (entsprechend formulierten) Versicherungsbedingungen in der privaten Unfallversicherung noch durch gruppenkonsentierte Bemessungssysteme die gutachtliche Einzelfall-Entscheidung durch einen womöglich Software-gestützten Algorithmus werde ersetzen können.

Zur allgemeinen Frage, was ein Gutachter kann, nicht aber die KI, führt Schmidt in einer ergänzenden Stellungnahme aus, der entscheidende Schritt bei der Begutachtung sei es, Anamnese und Befunde zu bewerten und zu werten, um so die Funktionseinschränkungen zu analysieren.

Darauf folge der schwierigste und wesentlichste Schritt: Die vorhandenen Empfehlungslisten zur Invaliditäts-Einschätzung müssen interpretiert werden und die gefundenen funktionellen Einschränkungen müssen mit diesen Empfehlungslisten abgegolten werden. Dies erfordere gutachtliche Verantwortung und Erfahrung. Der Gutachter übernehme allein die Verantwortung dafür, dass der Untersuchte sachgerecht in seiner Funktionseinschränkung bewertet werde – dies könne keine KI, so Schmidt.

Quellen

Quellen


J. Schmidt, P. W. Gaidzik: Der Unfallbegriff und die künstliche Intelligenz (KI). Der medizinische Sachverständige, 120, 1/2024, S. 6-9

https://www.medsach.de/originalbeitraege/j-schmidta-p-w-gaidzikb-der-unfallbegriff-und-die-kuenstliche-intelligenz-ki (zahlungspflichtig)

J. Schmidt: Was kann ein Gutachter, was die KI nicht kann? Der medizinische Sachverständige, 120, 1/2024, S33

https://www.medsach.de/leserforum/was-kann-ein-gutachter-was-die-ki-nicht-kann (zahlungspflichtig)

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