Akut einsetzende Kopfschmerzen gelten als typisches Symptom einer Carotis-Dissektion, kommen aber auch bei anderen Erkrankungen wie Migräne oder Cluster- bzw. Spannungskopfschmerz vor, berichtete Dr. Katja S. Mühlberg von der Medizinischen Klinik und Poliklinik V, Angiologie, am Universitätsklinikum Leipzig auf dem 18. Internisten-Update-Seminar am 10. und 11. November 2023 in Wiesbaden. Erforderlich ist daher, bei typischer Symptomatik an eine Carotis-Dissektion zu denken und die entsprechende Abklärung vorzunehmen.
Spontane Carotis-Dissektionen sind mit einer jährlichen Inzidenz von 2,5–3/100.000 nicht so selten. Mit ca. 70 % liegt das Risiko eines ipsilateralen Schlaganfalls sehr hoch. Die meisten Schlaganfälle treten dabei innerhalb einer Woche nach Beginn der Kopfschmerzen auf. Als Goldstandard in der Diagnostik gilt die MRT-Schnittbildgebung mit MR-Angiographie oder, falls Kontraindikationen vorliegen oder kein MRT verfügbar ist, die CT und CT-Angiographie.
Eine japanische Arbeitsgruppe versuchte, typische Risikokonstellationen zu definieren, die auf eine Carotis-Dissektion hinweisen könnten (Y. Hashimoto et al., Headache, Februar 2023). Hierzu wurden retrospektiv Daten von 197 Patienten mit akutem, ungewöhnlich starkem oder langanhaltendem Kopfschmerz ausgewertet. Alle Patienten wurden mittels MRT untersucht.
Bei 93 Patienten (47 %) konnte eine Carotis-Dissektion bestätigt werden. In dieser Gruppe wurden folgende Umstände häufig beobachtet: Aktives Rauchen, Blutdruck > 140 mmHg, einseitiger Kopfschmerz, progredienter Kopfschmerz und fehlendes Ansprechen auf Analgetika. Dabei hielten die letzten 3 genannten Aspekte auch einer unabhängigen Faktorenanalyse stand und gingen mit einem 2- bis 3,5-fach erhöhten Risiko für eine Carotis-Dissektion einher. Die höchste Sensitivität wurde mit 86 % dem fehlenden Ansprechen auf Schmerzmittel zugeschrieben, die höchste Spezifität mit 84 % der Schmerzzunahme.
Die Analyse sensibilisiert für drei typische Hinweise auf eine Carotis-Dissektion und hilft damit bei der Entscheidung für ein MRT, kommentierte Mühlberg. Im Umkehrschluss dürfe dies aber nicht dazu verleiten, diese Symptome als die einzigen zu betrachten.
Die S1-Leitlinie „Spontane Dissektionen der extra- und intrakraniellen hirnversorgenden Arterien“ verweist auf weitere typische Zeichen in diesem Zusammenhang, nämlich den seitlichen Halsschmerz (Carotidynie) oder im Falle einer Vertebralisdissektion den einseitigen Nackenschmerz, ipsilaterale schmerzhafte Horner-Syndrome, seltener Hirnnervenausfälle und im Falle intrakranieller Dissektionen und/oder Subarachnoidalblutungen auch transitorische ischämische Attacken (TIA). Hinsichtlich der Schmerzqualität schildern Betroffene initial einen stechenden, später ziehenden und letztlich dumpf drückenden Schmerz.
Aus gutachtlicher Sicht ist anzumerken, dass der Verzicht auf eine Abklärung mit MRT (bzw. CT) trotz typischer Beschwerden ggf. als Befunderhebungsfehler angesehen werden kann.