Der immer restriktivere Einsatz von Analgetika, insbesondere von Opioiden, wegen potenzieller Nebenwirkungen hat zu einer verstärkten Verschreibung von Muskelrelaxantien bei chronischem Schmerz geführt, berichtete Priv-Doz. Dr. Kai-Uwe Kern vom Schmerzzentrum Wiesbaden / Institut für Schmerzmedizin auf dem 16. Orthopädie-Unfallchirurgie-Update-Seminar am 21. und 22. März 2025 (Livestream). Der Langzeit-Nutzen dieser Präparate bei chronischen Schmerzen ist aber unbekannt.

In einem aktuellen systematischen Review wurden nun randomisierte klinische Studien sowie Kohorten-Studien (mit Vergleichsgruppen) mit einer Behandlungsdauer von mindestens einem Monat betrachtet. Schmerzkrankheitsbilder waren Rückenschmerz, Fibromyalgie, Kopfschmerzen, Krämpfe, Spastik und andere Schmerzsyndrome.

Den stärksten Effekt zeigten dabei Muskelrelaxantien bei Trigeminusneuralgie, Nackenschmerzen und schmerzhaften Krämpfen. Der Benefit für Fibromyalgie, Rückenschmerz und andere Schmerzsyndromen war dagegen nicht besser als bei Placebo. Müdigkeit zählte zu den häufigsten Nebenwirkungen; das Risiko von Nebenwirkungen kann aber allgemein als gering bezeichnet werden.

Einmal mehr zeigt ein Review zu Muskelrelaxantien deren begrenzte Wirkung für chronische Schmerzen auf, wie z. B. auch bei Fibromyalgie und chronischen Rückenschmerzen, kommentierte Kern diese Ergebnisse. Die Mechanismen, welche einer Chronifizierung zu Grunde liegen, seien offenbar zu komplex, um sie allein über eine medikamentöse Entspannung der Muskeln zu adressieren. Ziehe man in Betracht, dass Muskelschmerzen auch als noziplastischer Schmerz ohne nozizeptive Komponente entstehen und wahrgenommen werden können, könnte auch die häufig sedierende Eigenschaft der Relaxantien zentralnervös von Bedeutung sein.

Oldfield, B.J. et al. (2024). Long-term use of muscle relaxant medications for chronic Pain: A systematic review. JAMA Netw Open, 3, 7(9)

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